News

Die gefährlichsten Stellen im Kreis

Unfallschwerpunkte: In Kreuzung Steinerother Straße/Tiergartenstraße und in Alsdorf kracht es im Oberkreis am häufigsten
Wenn es auf den Straßen fünfmal hintereinander kracht, ist es ein Fall für eine besondere Statistik: Die Polizei führt Buch über die Unfallschwerpunkte im Kreis. Aber ausgerechnet dort, wo es langsam geht, werden im Oberkreis die meisten Unfälle registriert.

KREISGEBIET. Manchmal ist es auch eine Bauchsache: Es war im Frühling vor rund fünf Jahren, da wunderte sich Polizeihauptkommissar Gerhard Rosenthal über eine Unfallmeldung im Wildenburger Land. Ein Motorradfahrer war in einer Kurve gestürzt, wenige Tage später hielt er einen täuschend ähnlichen Bericht eines Kollegen in der Hand. Als es den dritten Motorradfahrer innerhalb von zwei Wochen aus der Kurve bei Friesenhagen trug, hatte er keinen Zweifel mehr. "Hier stimmt etwas nicht." Noch bevor Rosenthal mit einem Mitarbeiter der Straßenmeisterei den Wagen an der Unfallstelle gestoppt hatte, wussten sie, wo das Problem lag. Das Gebüsch hatte den knickartigen Ausgang der Kurve überwuchert und die Sicht verdeckt. Die Motorradfahrer hatten in der Rechtskurve den Knick zu spät gesehen, bremsten und rutschten in die Böschung. Rosenthal ließ das Gestrüpp lichten. "Danach gab es keinen Unfall mehr in dieser Kurve", sagt er und lächelt zufrieden.


Unfallstellen beobachten

Rosenthal ist bei der Betzdorfer Polizei der Experte für neuralgische Verkehrspunkte. Unfallhäufungsstellen werden diese gefährlichen Orte m korrekten Polizeideutsch genannt. Das sind Stellen, an denen ungewöhnlich viele und vor allem ähnliche Unfälle passieren. Seit Jahren führt Rosenthal akribisch Buch darüber. Derzeit weist seine Datei 18 Stellen aus, an denen in den vergangenen drei Jahren zumindest einmal im Jahr fünf ähnliche Unfälle passierten.

Einmal auf der Liste, bleiben die Unfallstellen im Visier der Polizisten. Nun werden sie beobachtet, sind sie drei Jahre in Folge nicht mehr auffällig, verschwinden sie aus der offiziellen Liste. Manchmal machen sich Unfallschwerpunkte von allein dünne, manchmal tauchen sie wieder auf, und keiner weiß warum. "Ein Phänomen, das wir nicht immer deuten können", sagt Rosenthal.

Vier Straßen auf der Betzdorfer Liste hat Rosenthal gelb markiert, das sind die aktiven Unfallschwerpunkte, und die bereiten ihm am meisten Sorgen. Seit Jahren lässt sich hier die Zahl der Unfälle nicht wesentlich reduzieren. Ein bisschen Gestrüpp stutzen wie in Friesenhagen reicht da nicht. An der Kreuzung Tiergartenstraße/Steinerother Straße in Betzdorf etwa registrierten seine Beamten gleich 18 Unfälle im vergangenen Jahr. Es waren selten schwere Unfälle. Allein achtmal wurden die Vorfahrtregeln missachtet.

Ähnlich auch im Siegkreisel zwischen Siegbrücke und Sparkassenneubau: 17 Unfälle haben sich hier 2009 ereignet, zwölfmal beim Fahrbahnwechsel. Die Unfallstellen sind geradezu typisch für die notorischen Raser, die in unübersichtlichen Kurven über das Ziel hinausschießen, es sind die Kreuzungspunkte, die Einfädelspuren und die Ampelbereiche, die regelmäßig für Unfälle sorgen. "Wenn der Verkehr nicht mehr flüssig ist, wird es gefährlich", sagt Rosenthal.


Lange Wartezeiten

Am Beispiel Tiergartenstraße: Die Autofahrer müssen hier oft lange warten, bis sie sich in den Verkehr einordnen können. Auch die zusätzliche Abbiegespur hat hier nach ersten Einschätzungen nicht wirklich für eine Verbesserung gesorgt. Beispiel Siegkreisel: Der Pkw-Fahrer wartet vielleicht schon etwas länger im Stau, will den anderen nicht vorbeilassen oder übersieht ihn schlicht. Schon kracht es wieder. Ausgerechnet die Polizei selbst könnte hier die Situation entschärfen. Das Gebäude und die Abbiegespur der Polizisten verhindern aber eine Verlängerung der Abbiegespur in Richtung Steinerother Straße.

Nur selten lassen sich Unfallstellen so einfach entschärfen wie etwa in Friesenhagen. Manchmal vergehen Jahre, bis die Behörden einer gefährlichen Stelle durch Schilder und Hinweise ihre Gefahr genommen haben. Manchmal ist es gar nur durch einen Ausbau der Straße möglich. Eine Unfallhäufungskommission aus Polizei, Landesbetrieb für Mobilität, den Ordnungsbehörden der Kommunen, Kreisverwaltung und der Straßenmeisterei trifft sich deshalb regelmäßig. Oft genug können die Behörden so Unfallschwerpunkte entschärfen, etwa durch Stopp- und Warnschilder, Hinweise oder Geschwindigkeitsmessungen. In Betzdorf an der Industriestraße in der Einmündung auf die Bundesstraße etwa hat eine schlichte Markierung das Problem gelöst, im Betzdorfer Tunnel hat hingegen die Eingewöhnung der Autofahrer dazu geführt, dass er seit zwei Jahren nicht mehr in der Liste auftaucht.

 

Schilder helfen nicht

In der Alsdorfer Ortsmitte lassen sich die vielen Unfälle (18 im Jahr 2009) nicht mit Schildern in den Griff kriegen. Auch auf der Kreisstraße zwischen Weitefeld und Niederdreisbachhaben all die Methoden nichts genützt. Elf Unfälle, neun davon bei Nässe haben sich dort 2009 ereignet. Immer wieder gab es hier auch Schwerverletzte. Nun wird die Straße saniert, und die Kurven werden auch entschärft. Schon fürchten viele, dass auf einer ausgebesserten Straße noch mehr gerast wird. Aber die Erfahrung von Rosenthal sagt: "Eine Sanierung der Straße hilft fast immer."